Montag, 31. Mai 2010
Köhler und Käßmann: Der Unterschied liegt in der persönlichen Integrität
Horst Köhler ist vom Amt der Bundespräsidenten zurückgetreten, weil er bestimmte Kritik an seinen Äußerungen zum Afghanistan-Einsatz für mit dem Amt des Bundespräsidenten unvereinbar hält. Wörtlich sagte er, die Kritik lasse den notwendigen Respekt für sein Amt vermissen.

Möglicherweise bin ich nicht der Einzige, der bei dieser Formulierung an den Rücktritt von Margot Käßmann als EKD-Ratsvorsitzende denkt. Sie hatte wörtlich gesagt: "So manches, was ich lese, ist mit der Würde des Amtes nicht vereinbar."

Der Unterschied ist, dass Käßmanns Rücktritt mit dem Eingeständnis beginnt, dass sie der Würde des Amtes bereits durch ihr eigenes Verhalten geschadet hat. Eine solche Selbstkritik kommt in Köhlers Erklärung an keiner einzigen Stelle vor.

Im Gegenteil: Seine Formulierungen hätten zu Missverständnissen geführt. Das bedauert er nur, dafür übernimmt er keinerlei Verantwortung. Schade. Die Würde des Amtes des Bundespräsidenten verträgt mit Sicherheit ein wenig mehr persönliche Integrität.

Anscheinend gilt hier sinngemäß das gleiche, was Claus Kleber seinerzeit in seinem Kommentar im heute-journal über M. Käßmann sagte: Die Art des Rücktritts sagt etwas aus über die Legitimation, mit der jemand überhaupt erst ins Amt gekommen ist.

Update: Wer wie ich gedacht hat, dass - grandiose Formulierung - die Bundeswehr so etwas sei wie ein THW unter Waffen, wird hier eines Besseren belehrt. Die Sicherung und Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen ist längst Teil deutscher Sicherheitspolitik. Entschuldigung, Herr Köhler. Das einzige, was man Ihnen vorwerfen kann, ist, dass Sie die politische Stimmung vor Ihrem Zitat falsch eingeschätzt haben.

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Richtig. Ich finde aber nicht, dass sich Köhler für irgendetwas zu entschuldigen hätte. Im Gegenteil: Er hat die Dinge klar beim Namen genannt. Verantwortungslos finde ich eher, dass er angesichts solcher scheinheiliger und frecher Angriffe gleich zurücktritt. Das wirft in der Tat ein Licht auf seine Integrität: Offenbar kann er sich eine soche offene und klare, eines Präsidenten angemessene Haltung politisch nicht erlauben. Wusste nicht, dass er so schwach ist - und ich wüsste gerne, welche Rücksichten er da nimmt bzw. von wem er abhängig ist.

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Sehe ich anders
Ich kann nicht erkennen, das er etwas beim Namen genannt hätte. Ich halte es für unglücklich, ihn jetzt zum Liebhaber der Wahrheit zu erklären, denn das, was alle gehört haben wollen, nämlich: "Kriege werden auch aus wirtschaftlichen Interessen geführt", hat er nicht gesagt. Deswegen kann ich auch die Kritik nicht als scheinheilig empfinden. Er hat gesagt, Deutschland als Exportnation müsse im Notfall Kriege aus wirtschaftlichem Interesse führen. Punkt. Es ist ja unbestritten, dass er womöglich was Anderes gemeint hat. Aber er disqulifiziert sich für ein Amt, das seine Autorität maßgeblich vom gesprochenen Wort bezieht, wenn er nicht beim Reden schon merkt, was für ein Unsinn gerade dabei herauskommt.

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Und eben das, dass Deutschland sich vornimmt, gegebenenfalls aus wirtschaftlichen Interessen heraus Krieg zu führen - das hat sich doch Köhler nicht ausgedacht, dazu ist er viel zu korrekt, das ist gängige überzeugung deutscher Politik, auch schriftlich niedergelegt (siehe den Kommentar von mambo bei stackenblocken: http://holgi.blogger.de/stories/1636681/#comments) und Köhler war nur so fair, den verschwiegenen Konsens öffentlich beim Namen zu nennen.

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